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Curriculum vitae, reference copy of the German text, of Daniel Heinrich Fromholtz written in Hoboken, [1902]. Transcription by Inge Trebitz, 2005.
2005.031.0001.01
2005.031
Trebitz, Inge
Gift
Gift of Inge Trebitz
1902
Early Create Date: 1902 Date(s): 1902 Level of Description: Folder
Good
Display Value: Poor Notes: LEBENSLAUF - DANIEL HEINRICH FROMHOLTZ Im November des Jahres 1844 bin ich zu Thorn an der Weichsel in Westpreußen geboren. Die Stadt wird vielen dadurch bekannt sein, da der größte Astronom Nikolaus Kopernikus dort geboren, und ein schönes Denkmal von Ihm die Stadt ziehrt. Mein Vater war Zimmermeister, auch meine beiden älteren Brüder, der eine ist im südlichen Rußland gestorben, der ältere lebt, und ist Baumeister in Bergen bei der Regierung von Norwegen. Als der jüngste von 10 Kindern besuchte ich die Realschule bis zur 1. Klasse, ging dann auf 1 Jahr als Hülfsschreiber beim Landratsamt, wo ich ein Gehalt von 1 Thaler = 75 ¢ monatlich erhielt. Meine gute Mutter hob meinen ersten Verdienst 1 Thaler für mich zum Andenken auf. Da ich an freie Luft gewöhnt, auch das Sitzen mir nicht behagte, und über zu großen Verdienst nicht verfügte, fa?te ich den Entschluss, da meine Brüder Holzarbeiter waren Maschinenbauer zu werden. Durch bitten bei meinem guten Vater der ein Freund des grö?ten Fabrikbesitzers war, gelang es ihm mich als Lehrling ohne Gehalt, Beköstigung und 100 Thaler Lehrgeld auf 4 Jahre die Brangen durchmachen zu lassen. Ich fing auf Gott bauend in der Eisengießerei an, mein Bestreben war, meinen Vorgesetzten zu Respectieren und dessen Befehlen pünktlich Folge zu leisten. Nach Ablauf des ersten Jahres in der Formerei mußte ich mein Gesellenstück unter Aufsicht des Meisters machen. Kurz vorher hatte eine reiche Familie einen Cristus aus Eisen für den Friedhof bestellt, welchen ich als Gesellenstück machte. Es gelang mir nach vieler Mühe, denn die Dornenkrone machte mir viel Arbeit, als es Vergoldet abgeliefert wurde sah es sehr gut aus, und noch heute ziert es ein wohlgepflegtes Grab. Die nächsten 3 Jahre in welchen ich mich in der Modelltischlerei, als auch in der Schmiede und Schlosserei, sowie in der Metalldreherei ausbildete, ging schnell vorüber, denn mit Lust und Liebe lieferte ich in allen Brangen mein (die naechsten Seiten fehlen) ... Zu Spandau geschickt, um mein Examen als Meister zu machen, natürlich mußte ich erst vorher alle Werkstätten durchmachen, vor der Hinreise sagte mein Director noch zu mir, wenn Sie in Berlien angekommen sind so wird sofort eine Droschke genommen und nach dem Hamburger Bahnhof gefahren, denn der Zug hat Anschluß (: Verstanden?.) Sie werden erwartet. Trotzdem ich that wie mir befohlen gelang es doch nicht den Zug zu erreichen. Zu Fuß über Charlottenburg wollte ich nicht gehen denn es war schon spät, so ging ich ärgerlich die Invalidenstra?e zurück. Hotell Walther war das erste wo man übernachten konnte. Da aber unten niemand zu finden war, so ging ich eine Treppe höher. Ein fröhlicher Gesang scholl mir entgegen, und ich dachte, Wo man singt da la?t Euch nieder, böse Menschen kennen keine Lieder. Nachdem ich angeklopft, schallte ein vielstimmiges herrein, und die Thür wurde geöffnet, ich bat um Entschuldigung und Auskunft wo man über Nacht bleiben konnte. Ein kleines Mädchen sagte, wenn Du lieber Artillerist Violine spilen kannst so bleibe bei uns, wir haben eine Geige und niemand kann spilen, darauf sagte ich gieb nur die Geige her, und singe was gespielt wird. Da ich so leidlich spielen kann, ertönte die Wacht am Rhein, von Allen mitgesungen, das war was man wollte. Mein Tornister flog mir vom Rücken, so auch mein Helm und Seitengewehr wurden von vielen Händen abgenommen und die Nacht ging bei fröhlichem Spiel und Tanz schnell vorüber, es war ein Verlobungsfest, wie ich es noch selten erlebte. Des Morgens um 6 Uhr fuhr ich weiter nach Spandau meldete mich beim Director, bekam einen tüchtigen Rueffel, da auf mir gewartet wurde, und ich erst am nächsten Tage von Berlin eintraf. Meine Entschuldigung zog nicht, denn beim Militär gibt es keine Ausreden. Nach Ablauf von 5 Monaten war ich mit Allem durch und wurde nach Danzig zurückgeschickt. Es hatte sich aber in der kurzen Zeit sehr viel Verändert. Unser Director von Boris war versetzt, die Compagnie löste sich auf, und alles ging in Civiel über. Mir wurde die Metalldreherei übergeben, die meisten von den entlassenen Soldaten gingen nach Hause, einige welche in der Nähe wohnten blieben. Eine Zeit lang ging es leidlich. Dann aber führte der neue Director namens Dörge einen neuen Kurs ein, fast alle Arbeiten wurden im Akord gemacht, aber nur die Haäfte wollte er gegen das frühere bezahlen, die guten und tüchtigen Leute gingen fast alle fort, trotzdem ich beim Director dagegen protestierte half es alles nichts, derselbe hatte kein Einsehen. Mit einem Haufen Pfuscher blieb ich zurück, auch nicht einer war mehr da, der eine bessere Arbeit leisten konnte. So verlor auch ich die Lust, denn Menschen schlecht zu behandeln bekommt nicht ein jeder fertig. Kurz entschlossen kündigte ich meine Stelle und begab mich auf Reisen. Zu meinem Bruder im Kaukasus sollte es gehen. Zunächst wurden meine Eltern besucht, dann ging es über Breslau nach Wien. Die Oesterreichische Kaiserstadt hat mir sehr gut gefallen, nur ging mir dort mein Geld aus, und sah ich mich genöthigt, meine goldene Kette für einen Spottpreis zu verkaufen, denn am Reisegeld die Donau hinunter bis nach der Wallachei fehlte noch etwas. In Pest angekommen hatten wir 2 Tage Ruhe, denn viel Fracht wurde ausgeladen und neu eingenommen. Die Zeit benutzte ich um mir Pest als auch Ofen, hauptsächlich aber die schöne Kettenbrücke welche beide Städte miteinander verbindet zu betrachten, auch ist der Ungarwein dort nicht schlecht. Dann ging es die schöne Donau hinab bei Belgrad und durch das eiserne Thor, wo der Fluß sich vom Felsen begrenzt durchzwängen muss. Eigene Kapitäne geleiten die Dampfer durch, denn die Strömung ist sehr reißend. Dann hatten wir noch einige Haltestellen, und eines Tages gegen Abend langten wir in Gallaz an. Alles an Land, denn der Dampfer geht nicht weiter hieß es, das Gepäck konnte bis nächsten Tag liegen bleiben. Alles ging vom Dampfer, auch ich mit meiner Huthschachtel, denn mein Huth sollte Parade machen wenn ich meinen Bruder besuchte. Die meisten Passagiere gingen in ein Hotel, auch ich wäre gern mitgegangen, wenn meine Kasse es mir erlaubt haette, so ging ich denn die Nacht in Gallaz umher und sah mir die Stadt an. Gegen Mitternacht stieg ein Gewitter auf und es regnete tüchtig. Um Schutz zu finden, ging ich über den vor mir liegenden Platz, denn jenseits desselben bemerkte ich ein Licht. Kaum hatte ich die Mitte desselben erreicht, so sprangen einige grosse Hunde auf mich zu, es war stark finster und das einzige in meiner Hand war die Schachtel mit dem Hut welche ich um mich zu schützen immer um mich schwenkte, und dabei laut um Hülfe rief; auf einmal rissen die Bänder vom Deckel. Mein Hut flog in den dort massenhaften Schmutz, und ich behielt nur den Deckel mit dem Griff. Wie rasend sprangen die Hunde auf meinen schönen Huth, denselben in Stücke reissend. Doch es nahte Hülfe, durch mein Rufen und das Gebell der Hunde aufmerksam gemacht hörte ich Stimmen welche die Thiere zurückriefen. Zwei Laternen kamen immer näher, bis zwei Nachtwächter vor mir standen, welche mich sehr Musterten. So viel es ging machte ich mich ihnen verständlich, und bat um ein Plätzchen wo man übernachten konnte. Der eine Verstand vieles was ich sprach, faßte mich beim Arm, auch sein College half, denn durch das Abwehren der Hunde stach ich bis an die Knie im Schmutz, selten findet man wohl eine Stadt, welche so unrein ist wie Gallaz. Als ich festen Boden unter meinen Füßen spürte, forderte mich der eine Nachtwächter auf, Ihm zu folgen, führte mich vor sein Haus, weckte seine Frau, und diese sagte in Deutsch, komm nur ruhig hinein und fürchte nichts, sieh, auch ich bin eine Deutsche. In dem kleinen Kämmerlein neben Wohnstube brannte in einer Ecke ein Nachtlicht vor einem Heiligenbilde. Ein Bett, Tisch und Stuhl war alles was dort war. Nun schlaf wohl, mein Mann kommt morgen vom Dienst und weckt Dich, gute Nacht. Ich war allein, mir flogen viele Gedanken durch den Kopf. Vileicht eine Mördergrube? Doch nein, die Frau hatte ein zu ehrliches Gesicht, und ueber dem Bett hing ein Bild, es stellte ein kleines Mädchen kniend, die Händchen gefaltet vor ihrem Bettchen dar, und unten stand in Deutsch. "Lieber Vater im Himmel Du, Meine Augen fallen zu, Ich will mich in mein Bettchen legen, Gieb o Herr mir Deinen Segen Lieber Gott das bitt ich Dich, Bleib bei mir, hab acht auf mich." Nachdem schwand mein Archwohn ganz, gerne entledigte ich mich meiner nassen Kleider, ging zu Bett und schlief schön. Mein Wirth wußte genau wann der nächste Dampfer nach Odessa abfuhr, weckte mich infolgedessen erst um 9 Uhr. Meine gute Wirthin hatte vorher Frühstueck gemacht, und gemüthlich, als ob wir uns schon seit Jahren kannten, saßen wir beim Kaffee beisammen. Die Frau stammte nicht weit von Wien, der Mann aus Gallaz, gerne half er mir meinen Koffer nach dem anderen Dampfer zu bringen, und als ich für die freundliche Aufnahme bezahlen wollte sagte die Frau, das ist gerne geschehen. Ich freue mich einem Deutschen geholfen zu haben. Reisen Sie mit Gott. Der Dampfer ging ab, die Donau hinunter, bis dieselbe sich bei Tunseverin ins Schwarze Meer ergiesst. Noch lange kann man den schönen blauen Streifen im Meer wahrnehmen. Der Dampfer hielt sich immer nicht weit von der Küste, bis wir eines Morgens Odessa erreichten. Die Stadt macht einen guten Eindruck vom Meer aus, liegt hoch auf einem ebenen Felsen, und ist sehr regelmäßig, fast alle Häuser sind aus Muschelsteinen gebaut. Nachdem die Koffer von dem Zollbeamten controlliert, und die Pässe, versehen mit einem Visa vom Russischen Konsul aus Gallaz abgenommen sind, wird gelandet, jeder kann gehen wohin er will. Natürlich sind viele dienstbare Hände bereit, dem Ankommenden behülflich zu sein, und Droschken sowie Hotellwagen haben es reichlich zu thun. Nachdem ich meine Kiste eigenhändig an Land gebracht, und sich der erste Tumult etwas gelegt hatte, nahm ich dieselbe auf die Schulter und ging die erste Straße, welche sich am Meer entlang zog weiter. Oft mußte gehalten werden, denn meine Schultern spürten die Last, und oftmals mußte ich mich ausruhen. Mein Auge sah nur nach großen Schornsteinen, denn mein Geld war alle, bis auf den Thaler den ich zuerst verdiente, und den meine Mutter gut für mich aufgehoben hatte. Nach langem suchen hörte ich Hammerschläge als wenn Kessel genietet werden, und wirklich eine Fabrik lag vor mir. Gleich meldete ich mich beim Portier, der auf mein Bitten meine Papiere nach der Offis brachte, es dauerte nicht lange, so wurde ich gerufen, man frug mich aus, und nach 30 Minuten fing ich an zu Arbeiten. Meine Kiste blieb beim Portier. Es war sehr viel zu thun, so dass gleich nächste Nacht, so auch den nächsten Tag und Nacht durchgearbeitet wurde, ich that es gern, denn mein Geld war alle, bis auf den einen Thaler den ich behalten wollte, doch es ging beim besten Willen nicht, denn mein Hunger war grosss, so musste ich mit schwerem Herzen auch den ausgeben, es wurden Speck und Schwarzbrod gekauft, denn nach 4 Tagen gab es erst Geld, beides wurde in 4 Theile geschnitten, trotzdem mein Hunger so gross war, dass ich gerne doppelte Portion genommen haette, doch der Bien (?) muss, ich war ja in Russland und hatte die Bevorzugung mich beim Herrn Portier des Nachts aufhalten zu koennen. Endlich kam der Zahltag, alles ging nach der Offis, bis die Nummer welche jeder hatte aufgerufen wurde. Meine hieß 49 im Russischen Sorro Dezwiatters. Nach Empfang meines Geldes (: es war gleich ein schönes Stueck, denn ich hatte 3 Naechte gearbeitet, auch wurde meine Arbeit gut bezahlt 🙂 nahm mich der Portier mit nach Hause, bei dem ich die Zeit, solange ich in der Fabrik arbeitete Logierte. Gleich schrieb ich an meinen Bruder in Nikolajew der seine Frau aus Odessa geheirathet hatte, nach einigen Tagen besuchte er mich, stellte mir seine Schwiegerältern vor, bei denen es mir sehr gut gefiel, sie stammten aus Lübeck, und lud mich ein, die Osterfeiertage bei ihm in Nikolajew zu weilen, was gern angenommen wurde. Ehe die Zeit kam kaufte ich mir einen schönen hohen Hut mit Schachtel, löste ein Billiet und begab mich am Sonntag vor Ostern des Morgens an Bord eines Dampfers. Natürlich fuhr ich auf Deck, man hatte daselbst eine schöne Aussicht. Der Dampfer war gut besetzt. Mein Gepäck bestand in der Hutschachtel, welche ich wohl weislich hüthete, und noch kleinen Geschenken in einer Schachtel, für die Kinder meines Bruders. Eine ziemlich korpulente Jüdin stand neben mir und bald plauderten wir miteinander. Nikolajew liegt am Bug, welcher ins Schwarze Meer fließt, und ist Admiralitätsstadt. Es ging nun nachdem wir die Ecken des Meeres durchfahren, den Bug aufwärts, bis wir nach einer kleinen Reise von ¾ Tag am Ziel derselben waren. Der Dampfer fuhr langsam und legte an. Mein Auge suchte am Ufer umher um meinen Bruder der mich erwartete zu erspähen. Da gab es einen Ruck, alles wackelte, und Plums fiel meine Nachbarin auf meinen Hut, und Schachtel, alles unter sich zerdrückend. Gleich half ich sie auf, entschuldigte sich und dankte für meine Bemühung. Alles lachte, doch mir war gerade nicht so lächerlich zu muth. Als ich meinen Schaden sah, denn alles mußte ich über Bord werfen und konnte nichts mehr davon gebrauchen, ich war trotzdem froh daß die Dame ohne Verletzung davon kam, denn in der Schachtel befanden sich einige Spielsachen als auch leichte Glaswaren, was alles zerdrückt war. Der Aufenthalt war sehr angenehm in der Familie meines Bruders und zu schnell verging die Zeit. Nach Ablauf meines Urlaubs ging es nach Odessa zurück. Auf Widersehen sagte mein Bruder, doch nie mehr sahen wir uns. Der Mensch denkt, Gott lenkt. In Odessa glücklich angelangt, begab ich mich am nächsten Tage zur Arbeit. Am Abend desselben erwartete mich ein Kollege welcher mich frug ob ich nicht auf dem Bahnhof arbeiten möchte, es sollen 22 Locomotiven welche Sigel von Winer Neustad in Theilen auseinander genommen gesandt hatte, zusammengestellt werden, und zwar bei hohem Lohn. Ich besann mich nicht lange, ging recht balde nach dem Bahnhofe, erhielt Arbeit als Monteur, und fing am folgenden Tage an. Nach Verlauf eines halben Jahres waren sämtliche Locomotiven Montiert. Nachdem jede einzelne die Probefahrt überstanden, wurden sie der Direction uebergeben. Nun sollten wir, nachdem alles fertig war nach der Reparatur-Werkstätte, was mir nicht recht gefiel, denn in Odessa wollte ich für immer doch nicht bleiben. Nach kurzem Ueberlegen entschloss ich mich mit noch einem Collegen über Constantinopel nach Africa zu reisen. Ein Türkisches Frachtschiff welches auch Passagiere mitnahm lag im Hafen und sollte nächstens abgehen. Schnell besorgten wir uns unsere Pässe, gingen nach dem Hafen und bekamen auch Passagen. Da wir glaubten wir konnten auf dem Schiff Speisen kaufen, und die Zeit auch schon zu kurz war um etwas mitzunehmen, so gingen wir nur mit unserem Gepäck an Bord. Das Schiff ging stolz mit der halbmond Fahne des Abends ab. Am nächsten Morgen spürten wir Appetiet, wir waren die einzigen Christlichen Passagiere, die anderen alle Türken, welche uns Ungläubige garnicht ansahen, geschweige noch etwas zu essen gaben. Die Fahrt war von Anfang an stürmisch. Trotzdem wir 1 Rubel für einen Schiffszwiback boten, so erhielten wir keinen, und mußten unsern Hunger so gut es ging mit halbverfaulten Kunstblättern stillen. Am Abend des 3. Tages wurde es sehr stürmisch. Die Fracht bestand aus Podolischen Ochsen mit langen Hörnern, mit denen sie sich bei dem grossen Schwanken des Schiffes gegenseitig aufspießten. Böse muss es im Laderaum ausgesehen haben. Der Anblick wurde uns erspart denn das Schiff bekam ein Leck, nun ging es an die Pumpen, wir natürlich in erster Reihe. Nothsignale wurden gegeben, und der Kapitän lief mit einem geladenen Revolver umher. Das wir nicht erschossen, und über Bord geworfen wurden bewundere ich noch heute, doch es kam Rettung. Durch den Sturm war unser Schiff nach Konstenzia verschlagen und unsere Rettungs-Signale gesehen und erwidert worden. Ein freudiges Gefühl, trotz Hunger und Erschöpfung durchflog uns, vieleicht kam die Rettung noch zur Zeit. Die Pumpen gingen ununterbrochen, so viel Fracht als nur erlangt werden konnte wurde über Bord geworfen. Nach verlauf ungefähr einer Stunde für uns eine Ewigkeit kam das so sehnlichst erwarteteRettungsboot. Unsere kleinen Boote konnten nicht gebraucht werden, denn dieselben waren sehr beschädigt. An Leinen liessen wir uns ins Rettungsboot, welches uns nach viel Mühe ans Land brachte. Es wurde allmählich Tag, wir saßen nicht weit vom Leuchtturm auf Steinen. Nachdem wir uns etwas erholt, stellte sich unser alte Bekannte Freund Hunger ein. Mein College war ganz verzagt, faltete die Hände und betete fortwährend, schließlich wurde es mir doch zu viel und sagte zu ihm. Freund vom vielen Beten werden wir nicht satt, komm weiter ans Land, es wird jetzt Tag, vielleicht können wir Brod kaufen um vorläufig unseren Hunger zu stillen. An Geld fehlte es nicht, denn auch etwas Türkisches hatten wir uns eingewechselt. Da ich ihn zum mitgehen nicht bewegen konnte, ging ich allein und hatte auch Glück, denn ich begegnete bald einem Türken der ein Brett mit Pretzel auf dem Kopf trug, ich zeigte ihm Geld, worauf er das Brett zur Erde stellte, gleich nahm ich einen der gut schmeckte, nahm dann den Leibrimen ab, zog denselben voll wobei der Türke (zusah) und reichte ihm Geld, es muß ein ehrlicher Mann gewesen sein, denn er gab mir aus einer etwas grossen Münze noch einige kleine zurück. Freudig kehrte ich um, denn mein Freund hatte ja auch Hunger. Als der mich sah wie ich die Pretzel hoch hielt kam er mir entgegen, und wir labten uns an dem frischen Backwerk sehr, es blieb auch nichts übrig. Noch an demselben Abende setzten wir unsere unterbrochene Reise auf einem russischen Dampfer fort. Am nächsten Tage erreichten wir den Bosporus. Die Einfahrt vom schwarzen Meer aus ist wundervoll und nicht mit Unrecht heißt es das goldene Horn. Rechts Europa lings Asien. Das Auge kann sich gar nicht satt sehen an der Schönheit der Natur und den prachtvollen Bauten. Uns wurde Arbeit im Arsinal angeboten, doch verzichteten wir darauf, denn es war allgemein bekannt das es mit dem Bezahlen immer haperte, so setzten wir unsere Reise durch die Dardanellen weiter fort, bis wir in Smirna einige Tage halt machen mußten, denn es wurde wie es hieß auf die Ostindische Post gewartet. Smirna liegt an einem Berge und liefert sehr viel guten Wein, auch versorgt es viele Länder mit den besten Rosinen und Korinten. Von dort ging es ueber das Mittländische Meer direct nach Alexandrien in Egipten. Schon aus weiter Ferne erblickt man die prachtvolle Säule Pompea von Stein, sie ist aus einem Stück, sehr hoch und stark, sowie von oben bis unten Poliert. (: habe noch eine Photographie von derselben:) Ich meldete mich auf dem deutschen Consulat und erhielt einen Schutzschein in deutscher und französischer Sprache, mein Reisekollege dagegen that dasselbe beim englischen Consulat, sein Vater war ein Engländer und kurz nach seiner Geburt gestorben, worauf seine Mutter nach Heidelberg zog und er dort erzogen wurde. Gleich ging die Suche nach Arbeit los, denn die Reise kostete ein schönes Stueck Geld, am dritten Tage gelang es mir Beschäftigung zu finden, und zwar in einer englischen Locomotiv Reparatur Werkstädt nebst Eisengiesserei. Es wurden dort die Locomotiven repariert welche zwischen Alexandrien und Cairo fuhren, auch wurden sehr viele sehr starke Gußschüsseln gegossen welche mit der hohlen Seite nach unten in den Sand gelegt und mit eisernen Stangen miteinander verbunden wurden auf welchen die Eisenbahnschienen liegen, das Holz ist dort sehr knapp. Die Fabrik lag scharf am Niel auch bezogen wir alles Wasser aus denselben, welches in Ziegenfellen für den Häuslichen Gebrauch aus dem Niel geholt wird, es muß aber erst durch Fillter laufen, sonst kann man es nicht gebrauchen, es sind dies große irdene Urnen, die Masse aus welcher dieselben gemacht sind sehr poroes und lassen das Wasser durchsigern wo es dann unten aufgefangen wird. Die schönste Strasse in Alexandrien ist der Consulat Platz, ähnlich wie unter den Linden in Berlin. Ueber vielen Thüren sind in Halbkreisen ausgestopfte Crocodille angebracht. Bei der Eröffnung des Suez Canals (:Verbindung des Mittländischen und Rothen Meeres 21 Meilen lang:) weilte der damalige Kronprinz Friderick von Preußen einige Zeit beim Deutschen Consul in Pramlarbui Alexandrien, wo wir Deutschen Ihm einen Fackelzug brachten welche Aufmerksamkeit Ihn sehr erfreute. Nachdem ich einige Jahre dort beschäftigt gewesen und schönes Geld erspart hatte wollte ich mir Palestina ansehen. Mein Reisecollege konnte sich in Egipten nicht lange Aufhalten, denn das Klima war Ihm zu heiß, die meiste Zeit verbrachte er im Hospital, und fuhr schließlich nach Europa zurueck. So schiffte ich mich ein und reiste nach Jaffa. Die Landung dort ist bei stürmischem Wetter sehr gefährlich, da ein Felsengürtel weit vom Lande im Meer liegt und man nur durch eine Stelle passieren kann. Der Kapitän hatte nicht Lust seine Passagiere dort Landen zu lassen denn das Meer war unruhig. Doch hauptsächlich durch Bitten von 5 Franziskaner Mönchen, welche von Rom aus die Pilgerreise machten, lies derselbe sich überreden und gab das Signal zum Ausbarkieren. Sofort stießen vom Ufer mehrere Boote ab um die Passagiere an Land zu bringen. Das erste welches anlangte wurde von den Mönchen in Beschlag genommen, auch ich wollte mit, doch die frommen Herren ließen es nicht zu, so mußte ich denn im zweiten einsteigen. Das erste hatte einen Vorsprung von ungefähr hundert Schritt, langsam näherten wir uns dem Eingang durch die Felsen, es war harte Arbeit für die Araber denn die Wogen gingen hoch. Da auf einmal schlug das erste Boot gegen einen Felsenriff kippte um und alle stürzten ins Wasser um nie mehr zum Vorschein zu kommen. Ein Schrei schallte von unserem Boote, alles faltete die Hände denn auch wir waren bald an die gefährliche Stelle, doch wie ein Pfeil schoß unser schwer beladenes Fahrzeug an den Felsenriffen vorbei in ruhigeres Wasser dem Lande zu, alles dankte Gott. Da die Ankunft der Mönche erwartet wurde, so befanden sich viele Klosterbrüder am Landungsplatze, welche das Unglück mit angesehen hatten. Ich begab mich ins Kloster wo ein jeder Pilger 3 Tage freie Aufnahme und gute Verpflegung erhält, es wurden Messen für die Verunglückten gelesen und alle Abende bis zur späten Stunde war Andacht in der Kapelle. Am zweiten Tage erkundigte ich mich auf welchem Wege man am besten weiterkommen könnte, man riet mir am nächsten Mittag zu Pferde weiter zu reisen. Eine Karawane welche des Morgens abgegangen, konnte man bequem gegen Abend einholen auch sollte ich noch Briefe mitnehmen. Ich that wie mir von den frommen Brüdern gerathen wurde. Nachdem ich mich an Speise und Drang gestärkt, folgte ich einen Mönch, derselbe übergab mir einige Briefe nach Jerusalem, führte mich vor die Klosterthür vor welcher ein schönes Pferd meiner harrte, natürlich musst es vorher für die Reise bezahlt werden. Ungeduldig stampfte es mit den Füssen so dass es mir schon leid that nicht mit der Karawane am Morgen aufgebrochen zu sein, doch wurde mir der Schimmel als ein frommes Pferd empfohlen. Schön sah das Sattelzeug und alles andere am Thiere aus, die Türken haben darin einen eigenen Geschmack. Der Hafersack war hinterm Sattel festgeschnallt. Nachdem ich meinen Strohhut an welchem ein weisser Schleier der Hitze wegen angebracht war gut unterm halse befestigt hatte setzte ich mich auf. (:Alla Karim Gott schuetze Dich:) hörte ich hinter mir. Laß dem Pferde freien Lauf, denn es führt von hier nur ein Weg dorthin. Die Zügel wurden losgelassen, und wie ein Blitz tanzte das Thier auf den Hinterfüßen mit mir herum, doch ich hielt mich an der Mehne fest und klopfte seinen hals, was auch half, denn es beruhigte sich nach einiger Zeit, dann ging es loos. Trab und Galopp so daß mir Angst und bange wurde, doch gewöhnte ich mich bald daran, gegen 4 Uhr hatte ich ein Kloster erreicht. Das Pferd wieherte und noch ehe ich an die Pforte klopfte wurde geöffnet. Ein Mönch fütterte das Pferd auch stärkte ich mich an Wein und Brod. Dann ging es weiter einige Beduinen begegneten mir. Am Abend erreichte ich die Karawane in einem Kaffehaus. Sie hatte geruht, und war im Begriffe weiter zu reisen, doch hatte ich noch Zeit mein Pferd zu füttern, dann schloss ich mich derselben an. Vor mir ging ein Kamel und trug die süße Last einer polnischen Judenfamilie, das Thier hatte es nicht leicht denn es trug 5 Personen. Gleich am Halse saß der Alte, an der rechten Seite seine Frau mit dem kleinsten in einem Korbgeflecht, auf der linken 2 schon ziemlich erwachsene Knaben auch in einem Korbgeflecht, die über dem Rücken des Kameles mit breite Gürtel miteinander befestigt sind. Nun müssen die beiden Jungen zu schwer für den alten Korb gewesen sein, denn auf einmal gab es ein großes Geschrei, und die Jungens lagen auf der linken Seite am Boden, natürlich da das Gleichgewicht fehlte fiel auch die Jüdin mit dem Kinde auf der anderen Seite ab, ein schöner Anblick. Es wurde ein wenig gehalten, das Kamel musste sich niederlegen, und alles wider in Ordnung gebracht ging es weiter. Es ist gefährlich dort allein zu Reisen denn es sind in den Gebirgen Schakale (:eine Wolfart die schon manchen zerrissen haben:). Des Reitens nicht gewöhnt, ging ich mitunter Stundenlang neben meinem Pferde. Die Reise ging ohne Zwischenfall weiter, mitunter konnten wir am Abend den Ort noch sehen, an welchem wir des Morgens aufbrachen, denn Jerusalem liegt 2.000 Fuss über dem Wasserspiegel des Mittländischen Meeres. Endlich hieß es, wenn sonst alles gut geht dann sind wir morgen in aller frühe am Ziel unserer Reise. Wie auf Komando rutschten die Rosenkränze der Katholiken durch die Hände. Die Juden banden schnell die 10 Gebote vor den Kopf. Die Russen und Griechen bearbeiteten ihre Brust, das es man so dröhnte um sich zu segnen, nur ich hatte nichts als im stillen Gott zu danken. Es stimmte denn des Morgens ganz früh langten wir vor Jerusalem an. Mein Pferd wurde mir von dem Companiong aus Gaffa abgenommen, natürlich darf man nach einer guten Reise das Trinkgeld nicht vergessen, mein guter Schimmel that mir leid, denn noch an demselben Abende mußte er die Rückreise mit einem Engländer antreten, jetzt wußte ich auch weshalb das Thier vor der Klosterpforte wieherte, und an jeder Quelle hielt und sich labte. Viele reiche Russen welche auf Befehl ihrer Priester zur Strafe die Reise von Jaffa nach Jerusalem zu Fuß und ohne Schuhe zurückgelegt hatten, wuschen sich die Füße. Das Jaffaer Thor war noch nicht geöffnet, so ging ich in ein Kaffehaus von dem aus die Stadt zu übersehen war nicht lange wärte es so ging die Sonne jenseits des Oelberges im Osten auf, deren Strahlen das goldene Kreuz auf der Kuppel der Grabeskirche begrüßte. Die Kuppel ist von den Franzosen gebaut, mächtig goldene Streifen ziehen sich vom Kreuz aus, bis zum Rande hin, das Auge wird geblendet wenn die Sonne voll darauf scheint. Ich dachte also dieses ist die Stadt wo schon so viel Blut geflossen und die allen Glaubenssekten so heilig, denn die Cristen, welchen Glaubens auch haben ihren Heiland am Kreuz verloren. Den Türken ist sie heilig weil Muhamed dort jen Himmel geflogen sein soll und den Juden erst recht, denn seiner Zeit wird ihr Messias vom Oelberg aus durch das schönste Thor das Goldene einziehen. Wohlweislich haben aber die Türken das schöne Thor zumauern lassen mit dem Bemerken vorläufig haben wir Messiase genug, wenn die Juden ihrer seinen Einzug vom Oelberg aus hält, dann soll er durch das Damaskus oder Stephans Thor kommen. Jerusalem ist mit einer starken Mauer umgeben wo sicher ein Wagen auf derselben fahren kann. Steine wie ein ganzes Haus groß liegen in den obersten Reihen, wie kommen die darauf dachte ich, denn zu der Zeit fehlte die Dampfkraft. Nachdem das Jaffaer Thor geöffnet begab ich mich hinein. Gleich zur rechten hand sah ich eine feste Burg mit Graben umgeben, eine Zugbrücke führte in das innere, es war die Davids Burg, nun sah ich mich nach dem Hiskias Teich um wo König David von der Burg aus die beiden Jungfrauen belauschte, leider konnte ich denselben nicht finden, so ging ich weiter alles genau in Augenschein nehmend, dabei muß man sich vorsehen denn das Steinpflaster ließ viel zu wünschen übrig, nach einigem hin und her laufen gelangte ich zum Deutschen Consulat, wo ich mich meldete und Legitimierte, wenn ich nicht irr, so hieß der Consul Roose, derselbe hieß mich willkommen, sagte das ich mir 15 Tage bei freiem Logie und Verpflegung aufhalten könne um mir alles schön anzusehen, man sandte mich in Begleitung des Consulatdieners nach dem Pilger Aufenthaltsort. Es gefiel mir gleich beim Eintritt, denn alles war auf das reinlichste sauber. Mein mich begrüßender Wirth sah recht bieder aus, lud mich gleich zum Frühstück ein, welches mir sehr gut schmeckte und sagte ich sollte sobald als möglich nach dem Vorhof der Grabeskirche gehen, denn heute Vormittag würde der Stein feierlich geölt, auf dem Cristus gesalbt worden ist. Mit Dank nahm ich das an, nachdem mir der Weg beschrieben, begab ich mich dort hin, es war ein recht feierlicher Act, mit lebhaftem Interesse folgte ich der Zeremonie und war so unachtsam, das ich nicht bemerkte, wie mir meine goldene Uhr aus der Westentasche gestohlen wurde, trotzdem selbige blos mit einer Stahlkette befestigt war. An solch einem Ort hätte ich es doch nicht erwartet, meine Umgebung bestand aus Griechen, Italienern und Maltesern, da ich es nicht gesehen konnte ich auch keinen Beschuldigen. Für den ersten Tag hatte ich genug, denn meine Uhr that mir leid, für die ich... [truncated due to length]